Handlettering ist unheimlich abwechslungsreich mit einem vielfältigen Repertoire an möglichen Werkzeugen und Techniken. Die immense Auswahl birgt allerdings besonders für Anfänger*innen die Gefahr, sich im Dschungel der unterschiedlichen Materialien zu verzetteln und zu viele (unnötige) Anschaffungen zu tätigen.
[Werbung] Im Folgenden verweise ich auf bestimmte Materialien mit Links. Alle Empfehlungen beruhen auf meiner ganz persönlichen Erfahrung. Alle Materialien sind selbst gekauft. Hier ist nichts beauftragt, bezahlt oder in irgendeiner Weise gesponsert.
Grundsätzliche Empfehlung für Handlettering-Anfänger*innen in puncto Stifte
Ich rate dazu, lieber einzelne Stifte und Techniken auszuprobieren und sich nach und nach bewusst für jenes Werkzeug zu entscheiden, das sich für einen selbst stimmig anfühlt. Nur weil jemand anderes für einen bestimmten Stift schwärmt, muss es für einen selbst nicht unbedingt das Mittel der Wahl sein.
Außerdem zwei ganz grundsätzliche Empfehlungen:
1. Unempfindliches Werkzeug
Nutze zu Beginn Materialien, die nicht allzu empfindlich sind. Es gibt Stifte, die verzeihen einiges, andere wiederum sind bei unerfahrener Benutzung schnell nicht mehr zu gebrauchen. Doch gerade die empfindlichen Stifte sind oft nicht die billigsten. Schrotte also lieber zunächst die günstigeren. Glaub mir, da müssen wir anfangs alle durch.
2. Allmähliche Steigerung
Steigere dich bei den Stiften allmählich
- von hart zu weich
- von preiswert zu teuer
- von trocken zu nass
Stufenweise Steigerung des Handlettering-Werkzeugs
Ich empfehle folgende Vorgehensweise, um nach und nach einen besseren Zugang zur Buchstabenmalerei zu erhalten.
Stufe 1: Stift in die Hand
Welches Schreibwerkzeug auch immer du zuhause herumliegen hast, nutze es für die erste Phase des Ausprobierens. Am Anfang geht es darum, überhaupt ein Gefühl für die Darstellung und Anordnung von Buchstaben zu entwickeln. Beschäftige dich mit unterschiedlichen Formen und Kompositionen. Heutzutage halten viele Menschen nur noch selten einen Stift in der Hand. Umso wichtiger ist es, sich zunächst einmal (wieder) darauf einzulassen.
Selbsterprobte Beispiele:
- Bleistift
- Buntstift
- Kugelschreiber
Stufe 2: Form und Aufbau von Buchstaben
Das charakteristische Grundprinzip beim Handlettering ist, dass abwärts gerichtete Linien stärker betont werden als aufwärts gerichtete Linien. Dieses Prinzip kannst du am besten mit der sogenannten Faux Kalligraphie verinnerlichen. Dabei werden abwärts gerichtete Linien nachgefahren oder anderweitig stärker betont.
Selbsterprobte Beispiele:
Stufe 3: Schnelle interessante Ergebnisse
Mit gelartigen Stiften können auf Kraftpapier oder schwarzem Papier richtig tolle Ergebnisse erzielt werden. Durch den umgedrehten Kontrast (hell auf dunkel) wirkt das Erscheinungsbild gleich viel interessanter als beim üblichen Kontrast (dunkel auf hell).


Selbsterprobte Beispiele:
- Uni-Ball Signo Broad Gelschreiber in weiß
- Docrafts Metallic Pens
- Kraftpapier
- Molotow Black Pad
- Einfache braune Briefkuverts (perfekt zum Ausprobieren)
Stufe 4: Ran an die pinselförmigen Freunde
Pinselstifte, sogenannte Brush Pens, sind das A und O beim Handlettering. Durch unterschiedlich starken Druck beim Malen der Buchstaben wird der charakteristische Unterschied zwischen aufwärts und abwärts gerichteten Linien erreicht. Bei abwärts gerichteten Linien wird mehr Druck auf die Spitze ausgeübt als bei aufwärts gerichteten.
Ich rate dir davon ab, dich direkt an den empfindlichen Brush Pens zu versuchen. Probiere dich erst einmal an denjenigen mit höherem Härtegrad. Diese verzeihen eher eine ungeübte Haltung, exzessives Üben und raues Papier. Dennoch freuen auch sie sich über glattes Papier. Darauf macht das Üben sowieso viel mehr Spaß, da die Stifte schön gleiten und sich mit einer längeren Lebensdauer bedanken.
Selbsterprobte Beispiele:
- Tombow Fudenosuke Brush Pen Hard (nur in schwarz)
- Tombow Fudenosuke Brush Pen Soft (nur in schwarz)
- Pentel Sign Pen Brush (in vielen Farben)
- Clairefontaine 1821 Kopierpapier (sehr glatt und relativ günstig)
- Oxford Collegeblock blanko (sehr glatt und relativ günstig)
- Mondi ColorCopy Kopierpapier A5 (sehr glatt, etwas dicker)
Stufe 5: Die Sensibelchen unter den Stiften
Sobald du etwas Übung mit den härteren Brush Pens gesammelt hast, kannst du dich an die Mimosen der Brush Pens heranwagen. Für diese ist glattes Papier allerdings wirklich essentiell. Verwendest du sie auf rauem Papier, wie beispielsweise 0815-Druckerpapier, sind sie innerhalb kürzester Zeit dahin. Die Spitzen fransen aus und es ist vorbei mit dem Effekt der unterschiedlich stark betonten Linien. Doch selbst wenn du geeignetes Papier verwendest, ist es gut möglich, dass durch die noch ungeübte Stiftehaltung die kleinen Sensibelchen relativ schnell Macken bekommen. Daher ist es ratsam, für die erste Übungszeit zunächst eher die günstigeren Varianten zu nutzen.
Selbsterprobte Beispiele:
- Crayola Supertips (günstig und robust)
- STABILO Pen 68 brush (relativ günstig)
- Lyra Aqua Brush Duo Pinselstifte (Tombows in günstig)
- Tombow Dual Brush Pens (sehr empfindlich, relativ teuer)
- Talens Ecoline Brush Pens (intensiver Farbfluss)
- Karin Brushmarker PRO (sehr intensiver Farbfluss)
- Neuland Art Marker (eigentlich für Flipcharts)
- Clairefontaine 1821 Kopierpapier (sehr glatt und relativ günstig)
- Oxford Collegeblock blanko (sehr glatt und relativ günstig)
- Mondi ColorCopy Kopierpapier A5 (sehr glatt und etwas dicker)
Stufe 6: Jetzt wird’s nass
Pinsel sind zwar oft sehr viel robuster als die mimosenhaften Brush Pens, dennoch stehen Pinsel und Wasserfarben bei mir am Ende der Liste. Das hat seine Gründe. Zum Einen braucht ein sehr weiches Schreibwerkzeug wie ein Pinsel eine geübte Lettering-Hand, zum Anderen ist das entsprechende Papier nicht unbedingt preiswert. Benötigt wird saugfähiges Aquarell-/Wasserfarbenpapier, das sich bei Nässe nicht wellt oder gar zerfetzt wird und das kann teilweise ordentlich kosten.


Selbsterprobte Beispiele:
- Talens Ecoline Liquid Watercolor
- Gerstaecker No. 3 Aquarellblock (halbwegs erschwinglich)
Das wichtigste Werkzeug: Deine Hand
Die hier genannten Empfehlungen spiegeln nur meine ganz persönlichen Erfahrungen wieder. Du startest lieber gleich mit teuren Tombows oder Wasserfarben durch und bist glücklich damit? Auch gut. Beim Handlettering gibt es ohnehin kein richtig oder falsch, sondern nur individuelle Erfahrungswerte.
Und das wichtigste Werkzeug überhaupt ist und bleibt deine Hand. Auch das teuerste Werkzeug lässt dich nicht über Nacht zum Profi mutieren. Entscheidend ist regelmäßige Übung.